Veranstaltung: | Landesdelegiertenversammlung |
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Tagesordnungspunkt: | 2. Klimaschutz |
Antragsteller*in: | LAG Landwirtschaft und Verbraucherschutz (dort beschlossen am: 28.03.2017) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 18.05.2017, 17:31 |
KLIMA-3NEU: Maßnahmen einer GRÜNEN Landwirtschaft zur Umsetzung des Pariser Klimaabkommens
Antragstext
Im völkerrechtlich verbindlichen Weltklimaabkommen von Paris hat sich die
Staatengemeinschaft zu einer Begrenzung der Erwärmung auf deutlich unter
2 Grad Celsius und Anstrengungen, um eine Begrenzung auf 1,5 Grad zu erreichen
verpflichtet. Dafür sollen die globalen Treibhausgasemissionen in der zweiten
Hälfte des Jahrhunderts Netto-Null betragen. Nur durch aufschreiben der
Klimaschutzziele werden sie sich nicht erfüllen lassen.
Besonders für Industriestaaten bedeutet dies eine vollständige Dekarbonisierung
aller Sektoren bis zum Jahr 2050. Diesen Beschluss gilt es in Rheinland-Pfalz
und Deutschland durch die Schaffung entsprechender gesetzlicher
Rahmenbedingungen umzusetzen. RLP hat mit seinem Klimaschutzgesetz und
Klimaschutzkonzept schon die ersten Schritte eingeleitet. Je früher der Ausstieg
aus der Nutzung fossiler Energieressourcen eingeleitet wird, desto
kosteneffizienter wird diese Umstellung von statten gehen und desto größer sind
die wettbewerblichen Vorteile für die gesamte Wirtschaft.
Allein die Energiewende reicht dazu nicht aus, es braucht auch die anderen
Wirtschaftsbereiche – auch die Landwirtschaft. Dazu braucht es eine Agrarwende
hin zu einer Landwirtschaft, die umwelt-, tier- und klimafreundlich arbeitet.
Gerade die Landwirtschaft ist auf die Erhaltung unserer Lebensgrundlagen
angewiesen. Die Landwirtschaft ist heute schon leidtragende der Klimakrise. In
den vergangenen Jahren mussten Bäuerinnen und Bauern Ertragsausfälle verkraften
durch Wetterextreme wie Dürre, Hagel und Starkregen.
Die Art und Weise, wie in einem überwiegenden Teil der Landwirtschaft
gewirtschaftet wird, wird sich die Klimakrise weiter verschärfen so dass der
relative Beitrag der Landwirtschaft an den THG-Emissionen in Deutschland weiter
steigen wird. Dabei bestehen viele Möglichkeiten, wie der gesamte Sektor zum
Klimaschutz beitragen kann.
Für eine realistische Einschätzung der Emissionen, die durch die Landwirtschaft
in Deutschland bzw. Rheinland-Pfalz verursacht werden, muss man den
vorgelagerten Bereich (beispielsweise die Dünge- und Pestizidherstellung), den
freiwerdenden Kohlenstoff zum Beispiel bei der Umwandlung von Moorböden in
Ackerland und den Kraftstoff- und Energieverbrauch miteinbeziehen.
Besonders ins Gewicht fallen dabei:
Methan-Emissionen aus der Rinderhaltung; wobei Rinder, die auf der Weide
gehalten werden, zugleich unerlässlich dafür sind, CO2-bindendes Grünland
zu erhalten
entstehende Lachgasemissionen bei der Düngung und
freiwerdende Emissionen bei der Umwandlung von Grünland und Moorböden in
Ackerflächen.
In dieser Berechnung fehlt jedoch die große Menge an Treibhausgasen, die sich
dadurch ergibt, dass in anderen Teilen der Welt Futter angebaut wird für die
Tiere in der hiesigen Landwirtschaft – und zwar auf satten 2,5 Millionen Hektar.
Für Bündnis 90/Die Grünen ist klar: Die industrielle Landwirtschaft ist
mitverantwortlich für die Klimakrise und ihre weltweiten Folgen wie Dürren,
Stürme, Hochwasser und die Zerstörung der Lebensgrundlagen von Menschen in allen
Teilen der Welt. Und die Landwirtschaft kann zugleich zum Teil der Lösung
werden. Echter Klimaschutz kann nur dann erreicht werden, wenn die
Landwirtschaft ihre Verantwortung ernst nimmt und in die Anstrengungen
einbezogen wird, unser Klima zu schützen. Gutachten zeigen das
Bundeslandwirtschaftsminister Schmidt und der Bauernverband mit ihrer Meinung
falsch liegen, die Landwirtschaft in Deutschland könne von einer
fortschrittlichen Klimapolitik verschont werden – unter anderem mit dem absurden
Argument, deutsche Agrarexporte trügen zur Sicherung der Welternährung bei.
Wir wollen und werden uns dieser Herausforderung stellen. Wir haben aber keine
Zeit mehr zu verlieren.
Klimaschutz durch eine grüne Landwirtschaft
Wir wollen eine Agrarwende – hin zu einer grünen Landwirtschaft, die das Klima,
die Tiere und die Umwelt schützt. Auf dem Weg dorthin müssen wir die richtigen
Stellschrauben drehen. Dazu zählt unter anderem ein Klimaschutzgesetz auf
Bundesebene, das für alle Wirtschaftsbereiche Klimaschutzziele bis 2050 samt
Zwischenzielen vorgibt und sie so in die Verantwortung nimmt.
Folgende Schritte wollen wir gehen, um eine klimafreundliche Agrarwende zu
erreichen:
Tierhaltung – Klasse statt Masse
Wir wollen eine Tierhaltung die auf Qualität setzt. Für die gegenwärtig
praktizierte Tierhaltung haben wir in Deutschland nicht die Ackerflächen, um
Futtermittel umweltverträglich anzubauen. Weiter haben wir nicht die Flächen um
die anfallenden Güllemassen so auszubringen, dass sie von Pflanzen und Boden
tatsächlich in einem verträglichen Maß aufgenommen werden können. Aus unserer
Sicht sollte daher eine Begrenzung der Tierzahl auf zwei Großvieheinheiten pro
Hektar durch die Agrarförderung das Ziel sein. Außerdem gehören Kühe, Ziegen und
Schafe für uns auf die Weide. Wiederkäuer sind hervorragend zur Bewirtschaftung
und dem Erhalt von wertvollem Grünland geeignet. Eine solche Haltung gliedert
sich optimal in eine bäuerliche standortgebundene Landwirtschaft ein.
Moorböden schützen
Die Nutzung der Moorböden müssen wir einschränken. Sie dürfen nicht mehr
umgebrochen oder entwässert werden, sämtliche Zuschüsse zur Entwässerung solcher
Böden und Direktzahlungen für Ackerbau auf Moorböden müssen gestrichen werden.
Wir müssen in den Ländern Moore schützen und erhalten. Regenerierbare Moorböden
wollen wir dauerhaft wiedervernässen. Wo stark degradierte Moorböden nicht mehr
wiedervernässt werden können, unterstützen wir eine extensive Nutzung, z.B. als
Streuobstwiesen oder Weiden für Rinder, Ziegen oder Schafe.
Rheinland-Pfalz leistet hier schon einen wichtigen Beitrag für mehr biologische
Vielfalt und den Schutz unseres Klimas. Im rheinland-pfälzischen
Klimaschutzkonzept ist die Renaturierung von Moorflächen ein wichtiger
Maßnahmenblockbestandteil. So wurden bisher schon zwei EU-LIFE-geförderte
Projekte zur Renaturierung von Mooren erfolgreich umgesetzt. In der Aktion Grün
– dem neuen Landesprogramm zur Umsetzung der rheinland-pfälzischen
Biodiversitätsstrategie ist der Aufbau und die Umsetzung eines
Moorschutzschutzprogramms verankert. Das Moorschutzprogramm besteht aus 2 Säulen
– der Moor-Erfassung mittels Kataster und der Moor-Renaturierung. In 2017 werden
in einem ersten Schritt 10 Hektar Moorflächen in der Nationalparkregion
wiedervernässt.
Extensives Grünland erhalten
Um Wiesen und Weiden ihren Nutzen für das Klima zu erhalten, wollen wir ihren
Umbruch beenden. Mit dem neuen Landesnaturschutzgesetz aus 2015 setzt RLP diese
Forderung bereits um. Es dürfen keine artenreichen Wiesen und Weiden mehr
umgebrochen werden. Erhalten hat oberste Priorität – denn auch wenn Grünland zum
„Ausgleich“ neu angelegt wird, wird dabei im ersten Jahr nur halb so viel
Kohlenstoff im Boden fixiert, wie bei Umbruch freigesetzt wird. Das ist auch
eine Bundesaufgabe. Wir brauchen eine verbindliche nationale Grünlandstrategie.
Stickstoffüberschüsse senken, gesunde Böden fördern
Dafür brauchen wir Regeln, die greifen – ob Düngegesetz und -verordnung oder
Richtlinie der Luftreinhaltung (NEC-Richtlinie). Bei Düngegesetz und -verordnung
wollen wir vor allem für belastete Gebiete eine deutliche Begrenzung der Menge
an Düngemitteln, die ausgebracht werden darf. Rückgrat ist eine ordentliche
Bilanzierung, die wir mit der so genannten „Stoffstrombilanz“ erreichen wollen.
Dafür haben sich die grünen Agrar- und Umweltminister*innen bei den Bund-Länder-
Verhandlungen über die Düngeverordnung vehement eingesetzt. Der jetzt erreichte
Kompromiss stellt für uns das Mindestmaß an Gewässer- und Klimaschutz dar, auf
dessen Grundlage weitere Maßnahmen für eine nationale Stickstoffstrategie
erfolgen müssen.
Wir wollen Forschung und Beratung im Bereich der humussteigernden,
agrarökologischen Bewirtschaftungsmethoden ausbauen und stärken. Zu diesen
Methoden gehören Mischkulturen und ganzjährige Bodenbedeckung ebenso wie
Fruchtfolgen, Agroforstsysteme und das rheinland-pfälzische Programm der
gewässerschonenden Landwirtschaft. Auch ein vielfältiges Bodenleben erhöht die
Speicherkraft. Chemisch-synthetische Mineraldünger und Pestizide schädigen
jedoch die Lebewesen im Boden und ihr Gesamtgefüge. Daher wollen wir ihre
Verwendung deutlich reduzieren und eine Stickstoffüberschussabgabe und eine
Pestizidabgabe auf Bundesebene prüfen.
Um Böden vor weiterem Schaden zu schützen, fordern wir eine EU-weite
Bodenschutzrichtlinie sowie eine Honorierung von Maßnahmen zum Humusaufbau auf
sehr humusarmen Böden im Rahmen einer reformierten Förderstruktur der GAP. Zudem
müssen die Maßgaben für Böden in der so genannten „Guten Fachlichen Praxis“
konkretisiert und Verstöße sanktioniert werden.
Klimafreundlich fördern
Bei einer künftigen Reform der Agrarpolitik auf EU-Ebene (ab 2020) setzen wir
uns dafür ein, dass nur noch solche Betriebe gefördert werden, die auch
klimafreundlich wirtschaften. Generell soll es nach 2020 Agrarförderung nur noch
für Betriebe geben, die sich im Bereich Klima-, Umwelt-, Natur-, und Tierschutz
engagieren und Arbeitsplätze schaffen. Bereits jetzt fordern wir Grüne aber, die
bestehenden Spielräume zu nutzen und 15 Prozent der EU-Gelder aus der ersten in
die zweite Säule zu schichten. Damit stünde mehr Geld für so genannte
Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen zur Verfügung. Bundesmittel müssen insbesondere
kostspielige Vorhaben flankieren, wie die Renaturierung von Moorböden. Leider
haben sich die Länder im Bundesrat nur auf eine Anhebung der Umschichtung auf
sechs Prozent einigen können und selbst diese moderate Umschichtung lehnt
Bundesminister Schmidt von der CDU/CSU ab.
Ökolandbau stärken
Laut dem Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) ist der Ökolandbau
um 15 bis 20 Prozent „klimafreundlicher“ als die konventionelle Landwirtschaft.
Das liegt am besseren Humusaufbau und den niedrigeren Lachgasemissionen. Wir
wollen möglichst viel Ökolandbau möglichst schnell auf möglichst viel Fläche
sehen. Als ersten Schritt in diese Richtung wollen wir und der Deutsche
Bauernverband auf Bundesebene das Bundesprogramm Ökolandbau wieder komplett dem
Ökologischen Landbau widmen und dass es kurzfristig auf 60 Millionen Euro auf
gestockt wird. In RLP sind wir schon auf einem sehr guten Weg, es haben bis
heute 1445 Betriebe auf den ökologischen Landbau, mit einer Fläche von 63561
Hektar umgestellt. Das sind 8,2 % der Betriebe mit 9 % der Fläche. Im Weinbau
gibt es 419 Ökoweinbaubetriebe mit 5.561 Hektar, das entspricht 65 % der
deutschen Öko-Rebfläche. In 2017 wird es einen Ökokongress und die Aufstellung
eines Öko-Aktionsplan geben, um unser Ziel möglichst schnell zu erreichen.
Lebensmittelverschwendung eindämmen
Allein in Deutschland landen im Jahr rund 18 Millionen Tonnen an Nahrung im
Müll, 10 Millionen Tonnen davon wären vermeidbar - und damit verbunden auch eine
Menge Einsparpotential an unnötigen THG-Emissionen, die bei der Erzeugung der
Lebensmittel entstehen. Die Wissenschaftlichen Beiräte für Agrarpolitik,
Ernährung und gesundheitlichen Verbraucherschutz sowie für Waldpolitik beim BMEL
gehen davon aus, dass durch eine Vermeidung aller Lebensmittelverluste allein in
Privathaushalten THG-Einsparungen in Höhe von 12 Mio. Tonnen CO2-Äquivalente pro
Jahr realisierbar wären. Ebenso wie die EU-Kommission haben wir das Ziel,
Lebensmittelabfälle in der EU bis 2020 zu halbieren. Und wir wollen dafür alle
in die Pflicht nehmen: Mit bundesweit, verbindlichen, branchenspezifischen
Reduktionszielen auf sämtlichen Stufen der Wertschöpfungskette.
CO2-Senkenfunktion stärken
Auf europäischer Ebene setzen wir uns mit den anderen Grünen Ländern dafür ein,
dass der so genannte LULUCF-Sektor (Treibhausgase aus Landnutzung,
Landnutzungsänderungen und der Forstwirtschaft) langfristig eine stabile
negative Emissionsbilanz aufweisen und damit seine Senkenfunktion wahrnehmen
wird. Die Bundesregierung muss sich endlich dafür einsetzen, dass die Belange
der Ökologie und des Klimaschutzes nicht gegeneinander ausspielt und
insbesondere ein Anrechnung von Emissionsminderungen, die nur auf dem Papier
existieren, sicher ausgeschlossen werden. Der LULUCF-Sektor muss sich
selbstständig an der Begrenzung der Erderhitzung auf deutlich unter 2 Grad
beteiligen und darf im EU Energie- und Klimarahmen nicht zur Schwächung der
Emissionsreduktionen anderer Sektoren missbraucht werden
Die Treibhausgasminderungen im LULUCF-Sektor sollten z.B. durch einen stetigen
europa-weiten Auf- und Ausbau der Holzreserven im Wald (das betrifft die
Waldarmen Regionen) und in langlebigen Holzprodukten, eine Wiedervernässung von
Mooren und Feuchtgebieten sowie eine nachhaltige und ökologischen
Landbewirtschaftung geschehen. Wir sind der Überzeugung, dass bestehende EU-
Fördermechanismen wie die GAP, Life+ oder ELER konsequent an den Erfordernissen
des Klimaschutzes ausgerichtet werden sollten und fordern die EU-Kommission auf,
eigene Förderinstrumente zu entwickeln, die gezielt und langfristig die
Senkenfunktion für CO2 des LULUCF-Sektors stärken.
Die Landesregierung wird aufgefordert:
Sich bei der Bundesregierung und der EU dafür einzusetzen, dass unter
gemeinsamer Koordinierung des Bundesministers für Ernährung und Landwirtschaft
und der Bundesministerin für Umwelt umgehend ein Bündel von wirksamen und
treffsicheren kurz- und langfristigen Klimaschutzmaßnahmen verbindlich zu
verankern und sofort mit der Umsetzung zu beginnen ist. Landwirtschaft muss
endlich fester Bestandteil eines ambitionierten Klimaschutz-Aktionsplans der
Bundesregierung werden.
Begründung
erfolgt mündlich.
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