Veranstaltung: | Landesdelegiertenversammlung |
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Tagesordnungspunkt: | 2. Klimaschutz |
Antragsteller*in: | Karl-Wilhelm Koch (KV Vulkaneifel), Dietmar Rieth (KV Südwestpfalz), Ulrike Höfken (KV Bitburg-Prüm), Anne Spiegel (KV Speyer), Manfred Seibel (KV Südwestpfalz), Bernd Schumacher, KV Südwestpfalz), Eckard Wiendl (KV Vulkaneifel), Rupertina Engel (KV Mayen-Koblenz), Peter Kallusek (KV Südliche Weinstraße), Elisabeth Bröskamp (KV Neuwied), Uwe Bröskamp (KV Neuwied), Rudi Trossen (KV Bernkastel-Wittlich), Gertrud Weydert (KV Bernkastel-Wittlich), Ronald Maltha (KV Mayen-Koblenz), Marian Engel (KV Mayen-Koblenz), Ulrich Bock (KV Mayen-Koblenz), Michael Henke (Kreisverband Bad Kreuznach), Dr. Natalie Wendisch (KV Ahrweiler); |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 20.05.2017, 00:28 |
KLIMA-2NEU: Paris 2015 – Marrakech 2016 – Berlin 2017: Der Schutz unseres Klimas braucht Afrika
Antragstext
Die Weltklimakonferenz von Marrakech hat gezeigt: Klimaschutz funktioniert nur
weltweit. Viele afrikanische Länder sind schon heute besonders stark von den
Folgen des Klimawandels wie Trockenheit, Ausweitung der Wüsten,
Überschwemmungen, Dürren und Missernten betroffen. Das Potsdam-Institut für
Klimafolgenforschung (PIK) kommt einer Studie zu dem Ergebnis, dass Regionen des
Kontinents mit hoher Wahrscheinlichkeit unter mehreren Folgen (Überschwemmungen,
Dürren, Missernten) des Klimawandels gleichzeitig leiden werden. Aktuell warnt
das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen vor einer drohenden Hungersnot
aufgrund einer langanhaltenden Dürre in vier ostafrikanischen Ländern. 20
Millionen Menschen sind akut davon bedroht.
Die Folgen der Erderwärmung sind bereits heute oft auch Ursachen von Unruhen,
Bürgerkriegen und Kriegen. Die Anzahl der Flüchtlinge aus Afrika steigt seit
Jahren ständig an und wird noch weiter stark zunehmen, wenn wir nicht schnell
und entschieden die Vermeidung, Begrenzung und Bekämpfung von Fluchtursachen
ganz oben auf der politischen Agenda verankern.
Die EU, andere Industrieländer, aber auch Sachwellenländer wie China erpressen
die afrikanischen Staaten, Abkommen zu ratifizieren, obwohl es massiven
Widerstand in den Länder selbst gibt. Für uns GRÜNE stehen viele dieser
Verhandlungen im Widerspruch zum Anspruch einer nachhaltigen Entwicklung. Sie
gefährden die eigenständige Ausbildung einer afrikanischen Industrie und die
regionale Landwirtschaft. Viele afrikanische Staaten liefern Rohstoffe oft zu
Bedingungen, die nichts mit nachhaltiger wirtschaftlicher Entwicklung zu tun
haben und ihre Märkte werden mit subventionierten , überflüssigen oder
gefährlichen Produkten überflutet. So hat z.B. die örtliche Geflügelzucht gegen
unsere hochsubventionierten Hähnchenflügel keine Chance. Die Arbeitsplätze in
der dortigen Landwirtschaft gehen dauerhaft verloren, mit drastischen Folgen für
die dort lebenden Menschen! In den meisten Ländern südlich der Sahara hat die
Nahrungsmittelproduktion in den letzten drei Jahrzehnten auch deshalb nicht mit
dem Bevölkerungswachstum Schritt halten können. Weitere Gründe waren die
mangelnde Unterstützung der landwirtschaftlichen Entwicklung und die massive
Korruption unter den Eliten. Bei deren Bekämpfung wollen wir helfen und den
Aufbau einer nachhaltigen, produktiven Landwirtschaft in den Entwicklungsländern
unterstützen.
Fluchtursache Klimawandel
Wir GRÜNE setzen uns dafür ein, dass die Folgen des Klimawandels als Ursachen
von Fluchtbewegungen anerkannt werden. Ziel muss sein, die Lebensbedingungen in
den Herkunftsländern der Flüchtlinge zu verbessern und Fluchtursachen zu
bekämpfen. Dazu müssen die westlichen Industrieländer wirtschaftliches Handeln
mit der Erreichung von Entwicklungszielen, der Achtung der Menschenrechte und
der Einhaltung der internationalen Sozial-, Arbeits-, Umweltschutzabkommen und
in Einklang bringen.
Wir GRÜNE wollen erreichen, dass die Bundesrepublik endlich die auf europäischer
Ebene vereinbarten 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens in die
Entwicklungszusammenarbeit investiert. Im Rahmen des Klimaanpassungsfonds des
Pariser Abkommens müssen zusätzlich Programme für eine klimaverträgliche
Entwicklung und die erforderlichen Anpassungen an die Folgen des Klimawandels
aufgelegt werden. Im Gegensatz dazu will die aktuelle Bundesregierung Gelder für
Pariser Klimaanpassungsfonds auf das Budget für globale
Entwicklungszusammenarbeit anrechnen.
Die Aktivitäten auf dem Gebiet der Entwicklungszusammenarbeit der
Industriestaaten und der internationalen Organisationen müssen besser
koordiniert und wo immer möglich gemeinsam umgesetzt werden. Wir GRÜNE wollen
auch die Chancen nutzen, die eine global verantwortliche
Verbraucherschutzpolitik eröffnet. Sie kann für einen nachhaltigen Konsum und
fairen Handel sensibilisieren. Zudem kann sie Druck auf Unternehmen ausüben,
damit diese Verantwortung für die Menschen in den Produktionsländern ebenso wie
für die Erreichung globaler Klimaschutzziele übernehmen.
Die deutsche Entwicklungspolitik muss sich stärker um die Unterstützung
leistungsfähiger und nachhaltiger Wirtschaftsstrukturen vor Ort bemühen, um
Wertschöpfung in den afrikanischen Ländern zu ermöglichen und die Bevölkerung
mit menschenwürdigen Arbeitsplätzen zu versorgen. Zur Entwicklung von
Infrastruktur und zur Finanzierung einer auf CO2-Vermeidung orientierten
Wirtschaft müssen den afrikanischen Staaten die erforderlichen und zugesagten
Geldmittel zur Verfügung gestellt werden.
Partnerschaft Ruanda – Rheinland-Pfalz nutzen
Rheinland-Pfalz mit seiner langjährigen Partnerschaft zu Ruanda hat gute
Voraussetzungen zur Zusammenarbeit, aber auch eine große Verpflichtung, der es
gerecht werden muss. Ruanda hat in Afrika in der Klimapolitik eine
Vorreiterrolle, die es zu stärken gilt. So kam es im Oktober 2016 zum Kigali-
Abkommen, einem Meilenstein für den Klimaschutz. Das Abkommen, das von den
Industriestaaten ein schnelleres Umsteuern verlangt als von Entwicklungsländern,
kam nach einem nächtlichen Verhandlungsmarathon in der ruandischen Hauptstadt
Kigali zustande. Der Kompromiss wurde als der größte Erfolg seit dem Ende des
Pariser Klimagipfels von Ende 2015 gewertet.
Wir Grüne wollen den Menschen vor Ort auf IHREM richtigen Weg helfen und sie
unterstützen. Die Möglichkeiten dazu bietet unsere Partnerschaft, zum Nutzen der
Menschen in Ruanda, zum Nutzen des globalen Klimaschutzes sowie zur
Unterstützung von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Der nächste
Entwicklungsschritt in Afrika hat das Potential, ein gesamtes – das fossile –
Zeitalter zu überspringen und direkt in eine klimaneutrale Zukunft zu führen,
mit den lokal vorhandenen Ressourcen, mit den Menschen vor Ort. Die Rheinland-
Pfälzer*innen können sich mit ihrem besonderen Erfahrungsschatz von 35 Jahren
Partnerschaft mit Ruanda einbringen und die Fortentwicklung betreiben. Daher
streben wir eine Zusammenarbeit mit den afrikanischen Staaten auf Augenhöhe an.
Der Energieverbrauch pro Kopf in Ruanda ist einer der niedrigsten der Welt.
Lediglich 18 Prozent der Bevölkerung haben Zugang zu Elektrizität, in ländlichen
Gebieten sogar weniger als 2 Prozent. Ein Großteil der Elektrizität wird mit
Wasserkraftwerken gewonnen. Trotzdem musste das Land bisher Energie importieren,
vor allem Schweröl und Diesel. Aber die Bevölkerung wächst rasant und damit auch
der Bedarf an Energie. Die Elektrizitätsnetze sind oftmals veraltet und
störanfällig. Stromausfälle sind immer noch an der Tagesordnung. Über 95 Prozent
des ruandischen Energiebedarfs werden bislang von den traditionellen
Brennstoffen Holz und Holzkohle gedeckt – überwiegend für die
Nahrungszubereitung in den ländlichen Haushalten. Dies geht einher mit
großflächigen, nicht nachhaltigen Rodungen und CO2-Emissionen bei der Produktion
von Holzkohle.
Die Regierung Ruandas setzt für die Zukunft auf eine dezentrale und erneuerbare
Energieversorgung. So hat das ruandische Infrastrukturministerium 333 Stellen
benannt, an denen kleine und Mikro-Wasserkraftanlagen sinnvoll sind. Deren
Erzeugung soll weitgehend in das nationale Stromnetz eingespeist werden.
Schnell ausbaufähig sind vor allem autonome Anlagen(„Off-Grid“), mit denen
entlegene ländliche Gebiete mit Strom versorgt werden sollen.
Bei Photovoltaik-Anlagen hat Ruanda in Ostafrika bereits die Nase vorn: Anfang
2015 konnte mit 8,5 MW die größte Anlage dieser Art in Ostafrika eingeweiht
werden. In Verbindung damit ist das weltweit größte dezentrale Strom-
Speichersystem in Bau. Damit sollen bei Stromausfällen die Wasserpumpen eines
Landwirtschaftsprojektes weiter mit Elektrizität versorgt werden. Neben diesem
Großbetrieb kommt Photovoltaik-Technik bislang vornehmlich in ländlichen
Gesundheits- und Erziehungsinstitutionen zum Einsatz, die somit Strom versorgt
werden können. Ruanda hat ferner ein Windkraftpotenzial, das für Pumpanlagen,
Mühlendienste und die allgemeine Stromversorgung genutzt werden kann. Hinzu
kommt ein geothermisches Potenzialzwischen 170 bis 340 MW.
Die riesigen – gesundheitsbedrohenden wie klimaschädlichen – Mengen an Methangas
aus dem Kivu-See sollen zur Energiegewinnung genutzt werden. Damit würde sich
deren klimaschädliches Potential sehr stark verringern und eine mittelfristig
drohende eruptive Freisetzung größerer Gasmengen verhindert werden. Technisch
ist dies ein kompliziertes und schwieriges, aber notwendiges Vorhaben, für
dessen sichere Durchführung Fachkräfte mit herausragendem Knowhow gebraucht
werden.
Ruanda ist ein kleiner, aber hocheffizienter und gut vernetzter afrikanischer
Zentralstaat mit einem weitreichenden Glasfasernetz, mit einer gut ausgebildeten
jungen Bevölkerung (12 Pflichtschuljahre) und beispielsweise auch mit einer
ambitionierten Politik der Müllvermeidung (wirksames, gesetzliches
Plastiktütenverbot). Durch eine geringe Korruptionsrate (zweitbester Platz im
afrikanischen Ranking), eine hohe Effizienz der Staatsorgane, deutliche
Verbesserungen auf dem Gebiet der inneren und äußeren Sicherheit sowie durch
Aufgeschlossenheit gegenüber deutschen und europäischen Unternehmen bestehen für
die Entwicklungszusammenarbeit gute Voraussetzungen. Allerdings ist Ruanda auch
im Jahr 2017 kein Vorbild bei der Verwirklichung von Grundrechten und
Demokratie.
Mit den „Secondary Cities“ gibt es für Ruanda einen Plan, jenseits der
Hauptstadt Kigali in den vier Provinzen klimaneutrale Städte (Wohnen und
Gewerbe) in der Größenordnung von je ca. 50.000 Einwohner/innen zu errichten.
Bei der praktischen Umsetzung sind Zwangsumsiedlungen absolut auszuschließen,
die funktionierenden sozialen Gemeinschaften in den Ursprungssiedlungen müssen
erhalten werden können. Bei der Umsetzung sollen Anreize für die Menschen
geschaffen werden, um die Angebote anzunehmen.
Die Menschen in Afrika brauchen eine Entwicklungspolitik die sich stärker um die
Unterstützung eines leistungsfähigen, nachhaltigen und inklusiven Privatsektors
vor Ort bemühen und die eine Wertschöpfung in den afrikanischen Ländern
ermöglicht um der Bevölkerung menschenwürdige Lebensbedingungen zu ermöglichen.
Neben der Unterstützung beim Aufbau einer öffentlichen Infrastruktur im
Verkehrs- und Energiebereich und zur Finanzierung einer auf CO2-Vermeidung
orientierten Wirtschaft, müssen den afrikanischen Staaten die erforderlichen und
zugesagten Finanzierungen im Rahmen des Internationalen Klimaschutzabkommens von
Paris auch bereitgestellt werden.
Die schrittweise Übernahme und Implementierung der “EU Normenfamilie“
(entwickelt in den der 28 EU Staaten) in die technischen, wirtschaftlichen und
verbraucherschutzrechtlichen Zusammenhänge in Afrika, hätte zur Folge das es
eine systematische Wirkung für eine planbare wirtschaftliche und
infrastrukturelle Entwicklung in Afrika und deren erleichterten Zugang zu den
weltweiten Märkten geben würde.
Deutschland und die EU müssen Afrika in diesem Sinne durch Bereitstellung und
Zusammenarbeit beim gemeinsamen Aufbau von Technologiekompetenz und Wissen für
klimabedingte Anpassungsmaßnahmen, Emissionsreduktion und den Umbau, behilflich
sein um zu einer nachhaltigen Wirtschaftsweise auch in Afrika zu kommen.
Zusammenarbeit für Entwicklung und Klimaschutz
Zur Erreichung der Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens ist ein Umbau der
weltweiten Energiesysteme notwendig. Dies kann nur gelingen durch
internationalen Wissensaustausch und Kooperation unter Berücksichtigung lokaler
Bedingungen und Herausforderungen. Die Bundesrepublik trägt dabei auch globale
Verantwortung.
Rheinland-Pfalz mit seiner langjährigen Partnerschaft zu Ruanda hat gute
Voraussetzungen, das Land bei der Entwicklung einer dezentralen,
klimafreundlichen und nachhaltigen Energieversorgung zu unterstützen. Wir können
einen Beitrag dazu leisten, dass sich Ruanda zu einem klima- und
energiepolitischen Vorbild unter den afrikanischen Ländern entwickelt.
Wir GRÜNE werden uns mit allen unseren Möglichkeiten dafür einsetzen, dass
anerkannt wird, dass Folgen des Klimawandels zunehmend Ursachen von
Fluchtbewegungen sind und die Bundesrepublik ihre Außen-, Wirtschafts- und
Entwicklungspolitik für Afrika konsequent an Zielen des Klimaschutzes zur
Verbesserung der Lebensbedingungen wie auch zur Bekämpfung von
Fluchtursachen ausrichtet,
die Bundesrepublik die humanitäre Hilfe für Afrika deutlich erhöht sowie
zügig die Ausgaben für Entwicklungszusammenarbeit auf ein Niveau anhebt,
das den europäisch und international vereinbarte Zielen entspricht, wobei
die so ermöglichten Programme besser mit den anderen Staaten und
internationalen Organisationen koordiniert werden müssen,
die Bundesrepublik und die EU Afrika durch Bereitstellung und
Zusammenarbeit beim gemeinsamen Aufbau von Technologiekompetenz und Wissen
für klimabedingte Anpassungsmaßnahmen, Emissionsreduktion und den Aufbau
einer nachhaltigen Wirtschaftsweise unterstützen,
die bundeseigene Förderbank KfW aufhört, Kohlekraftwerke zu finanzieren,
sondern stattdessen ihr Engagement für erneuerbare Energien weiter
verstärkt,
die Bundesrepublik den für Deutschland versprochenen Anteil von etwa 10
Prozent am 100 Mrd. US-Dollar Fonds für die internationale
Klimafinanzierung bereitstellt,
Rheinland-Pfalz im Rahmen der erfolgreichen Partnerschaft mit Ruanda einen
Fokus auf den Bereich Erneuerbare Energien, Umwelttechnologie und
Ressourcenschutz legt, um dem Land beim Ausbau der Erneuerbaren Energien
zur Seite zu stehen.
Begründung
erfolgt mündlich.
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