Veranstaltung: | Landesdelegiertenversammlung |
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Tagesordnungspunkt: | 2. Klimaschutz |
Antragsteller*in: | LAG Landwirtschaft und Verbraucherschutz (dort beschlossen am: 28.03.2017) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 11.04.2017, 07:23 |
KLIMA-3: Maßnahmen einer GRÜNEN Landwirtschaft zur Umsetzung des Pariser Klimaabkommens
Antragstext
Im völkerrechtlich verbindlichen Weltklimaabkommen von Paris hat sich die
Staatengemeinschaft zu einer Begrenzung der Erwärmung auf deutlich unter 2 Grad
Celsius und Anstrengungen, um eine Begrenzung auf 1,5 Grad zu erreichen
verpflichtet. Dafür sollen die globalen Treibhausgasemissionen in der zweiten
Hälfte des Jahrhunderts Netto- Null betragen. Nur durch aufschreiben der
Klimaschutzziele werden sie sich nicht erfüllen lassen. Allein die Energiewende
reicht dazu nicht aus, es braucht auch die anderen Wirtschaftsbereiche – auch
die Landwirtschaft. Dazu braucht es eine Agrarwende hin zu einer Landwirtschaft,
die umwelt-, tier- und klimafreundlich arbeitet. Gerade die Landwirtschaft ist
auf die Erhaltung unserer Lebensgrundlagen angewiesen. Die Landwirtschaft ist
heute schon Leittragende der Klimakrise. In den vergangenen Jahren mussten
Bäuerinnen und Bauern Ertragsausfälle verkraften durch Wetterextreme wie Dürre,
Hagel und Starkregen.
Die Art und Weise, wie in einem überwiegenden Teil der Landwirtschaft
gewirtschaftet wird, wird sich die Klimakrise weiter verschärfen so dass der
relative Beitrag der Landwirtschaft an den THG-Emissionen in Deutschland weiter
steigen wird. Dabei bestehen viele Möglichkeiten, wie der gesamte Sektor zum
Klimaschutz beitragen kann.
Um eine realistische Einschätzung der Emissionen die durch die Landwirtschaft in
Deutschland bzw. Rheinland-Pfalz verursacht werden, muss man den vorgelagerten
Bereich (beispielsweise die Dünge- und Pestizidherstellung), den freiwerdenden
Kohlenstoff zum Beispiel bei der Umwandlung von Moorböden in Ackerland und den
Kraftstoff- und Energieverbrauch miteinbeziehen.
Besonders ins Gewicht fallen dabei:
Methan-Emissionen aus der Rinderhaltung; wobei Rinder, die auf der Weide
gehalten werden, auch unerlässlich dafür sind, CO2-bindendes Grünland zu
erhalten
entstehende Lachgasemissionen bei der Düngung und
freiwerdende Emissionen bei der Umwandlung von Grünland und Moorböden in
Ackerflächen.Auch in dieser Berechnung fehlt jedoch die Menge an Treibhausgasen, die
sich dadurch ergibt, dass in anderen Teilen der Welt Futter angebaut wird
für die Tiere in der hiesigen Landwirtschaft – und zwar auf satten 2,5
Millionen Hektar.Besonders für Industriestaaten bedeutet dies eine vollständige
Dekarbonisierung aller Sektoren bis zum Jahr 2050. Diesen Beschluss gilt
es in Rheinland-Pfalz und Deutschland durch die Schaffung entsprechender
gesetzlicher Rahmenbedingungen umzusetzen. RLP hat mit seinem
Klimaschutzgesetz und Klimaschutzkonzept schon die ersten Schritte
eingeleitet. Je früher der Ausstieg aus der Nutzung fossiler
Energieressourcen eingeleitet wird, desto kosteneffizienter wird diese
Umstellung von statten gehen und desto größer sind die wettbewerblichen
Vorteile für die gesamte Wirtschaft.Für Bündnis 90/Die Grünen ist hingegen klar: Die industrielle
Landwirtschaft ist mitverantwortlich für die Klimakrise und ihre
weltweiten Folgen wie Dürren, Stürme, Hochwasser und die Zerstörung der
Lebensgrundlagen von Menschen in allen Teilen der Welt. Echter Klimaschutz
kann nur dann erreicht werden, wenn die Landwirtschaft ihre Verantwortung
ernst nimmt und in die Anstrengungen einbezogen wird, unser Klima zu
schützen. Gutachten zeigen das Bundeslandwirtschaftsminister Schmidt und
der Bauernverband mit ihrer Meinung falsch liegen, die Landwirtschaft in
Deutschland könne von einer fortschrittlichen Klimapolitik verschont
werden – unter anderem mit dem absurden Argument, deutsche Agrarexporte
trügen zur Sicherung der Welternährung bei.Wir wollen und werden uns dieser Herausforderung stellen. Wir haben aber
keine Zeit mehr zu verlieren.Klimaschutz durch eine grüne Landwirtschaft
Wir wollen eine Agrarwende – hin zu einer grünen Landwirtschaft, die das
Klima, die Tiere und die Umwelt schützt. Auf dem Weg dorthin müssen wir
die richtigen Stellschrauben drehen. Dazu zählt unter anderem ein
Klimaschutzgesetz auf Bundesebene, das für alle Wirtschaftsbereiche
Klimaschutzziele bis 2050 samt Zwischenzielen vorgibt und sie so in die
Verantwortung nimmt.Folgende Schritte wollen wir gehen, um eine klimafreundliche Agrarwende zu
erreichen:Tierhaltung – Klasse statt Masse
Wir wollen eine Tierhaltung die auf Qualität setzt. Für die gegenwärtig
praktizierte Tierhaltung haben wir in Deutschland nicht die Ackerflächen,
um Futtermittel umweltverträglich anzubauen. Weiter haben nicht die
Flächen um die anfallenden Güllemassen so auszubringen, dass sie von
Pflanzen und Boden tatsächlich in einem verträglichen Maß aufgenommen
werden können. Aus unserer Sicht sollte daher eine Begrenzung der Tierzahl
auf zwei Großvieheinheiten pro Hektar Voraussetzung für jegliche
Agrarförderung sein. Außerdem gehören Kühe und Schafe für uns auf die
Weide. Wiederkäuer sind hervorragend zur Bewirtschaftung und dem Erhalt
von wertvollem Grünland geeignet. Eine solche Haltung gliedert sich
optimal in eine bäuerliche standortgebundene Landwirtschaft ein.Moorböden schützen
Die Nutzung der Moorböden müssen wir einschränken. Sie dürfen nicht mehr
umgebrochen oder entwässert werden, sämtliche Zuschüsse zur Entwässerung
solcher Böden und Direktzahlungen für Ackerbau auf Moorböden müssen
gestrichen werden. Wir müssen in den Ländern Moorrenaturierungsprojekte
entwickeln, damit bis 2020 mindestens 20 Prozent der heute extensiv
genutzten Niedermoore einer natürlichen Entwicklung unterliegen.
Regenerierbare Moorböden wollen wir dauerhaft wiedervernässen. Der
bundesweite industrielle Torfabbau muss beendet werden. Wo stark
degradierte Moorböden nicht mehr wiedervernässt werden können,
unterstützen wir eine extensive Nutzung, z.B. als Streuobstwiesen oder
Weiden für Rinder oder Schafe.Extensives Grünland erhalten
Um Wiesen und Weiden und ihren Nutzen für das Klima zu erhalten, wollen
wir ihren Umbruch beenden. Erhalten hat oberste Priorität – denn auch wenn
Grünland zum „Ausgleich“ neu angelegt wird, wird dabei im ersten Jahr nur
halb so viel Kohlenstoff im Boden fixiert, wie bei Umbruch freigesetzt
wird. Wir brauchen eine verbindliche nationale Grünlandstrategie.Stickstoffüberschüsse senken, gesunde Böden fördern
Dafür brauchen wir Regeln, die greifen – ob Düngegesetz und -verordnung
oder Richtlinie der Luftreinhaltung (NEC-Richtlinie). Bei Düngegesetz und
-verordnung wollen wir vor allem für belastete Gebiete eine deutliche
Begrenzung der Menge an Düngemitteln, die ausgebracht werden darf.
Rückgrat ist eine ordentliche Bilanzierung, die wir mit der so genannten
„Stoffstrombilanz“ erreichen wollen.Wir wollen Forschung und Beratung im Bereich der humussteigernden,
agrarökologischen Bewirtschaftungsmethoden ausbauen und stärken. Zu diesen
Methoden gehören Mischkulturen und ganzjährige Bodenbedeckung ebenso wie
Fruchtfolgen und Agroforstsysteme. Auch ein vielfältiges Bodenleben erhöht
die Speicherkraft. Chemisch-synthetische Mineraldünger und Pestizide
schädigen jedoch die Lebewesen im Boden und ihr Gesamtgefüge. Daher wollen
wir ihre Verwendung deutlich reduzieren und eine
Stickstoffüberschussabgabe und eine Pestizidabgabe prüfen.Um Böden vor weiterem Schaden zu schützen, fordern wir eine EU-weite
Bodenschutzrichtlinie sowie eine Honorierung von Maßnahmen zum Humusaufbau
auf sehr humusarmen Böden im Rahmen einer reformierten Förderstruktur der
GAP. Zudem müssen die Maßgaben für Böden in der so genannten „Guten
Fachlichen Praxis“ konkretisiert und Verstöße sanktioniert werden.Klimafreundlich fördern
Bei einer künftigen Reform der Agrarpolitik auf EU-Ebene (ab 2020) setzen
wir uns dafür ein, dass nur noch solche Betriebe gefördert werden, die
auch klimafreundlich wirtschaften. Generell soll es nach 2020
Agrarförderung nur noch für Betriebe geben, die sich im Bereich Klima-,
Umwelt-, Natur-, und Tierschutz engagieren und Arbeitsplätze schaffen.
Bereits jetzt fordern wir aber, die bestehenden Spielräume zu nutzen und
15 Prozent der EU-Gelder aus der ersten in die zweite Säule zu schichten.
Damit steht mehr Geld für so genannte Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen zur
Verfügung steht. Bundesmittel müssen insbesondere kostspielige Vorhaben
flankieren, wie die Renaturierung von Moorböden.Ökolandbau stärken
Laut dem Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) ist der
Ökolandbau um 15 bis 20 Prozent „klimafreundlicher“ als die konventionelle
Landwirtschaft. Das liegt am besseren Humusaufbau und den niedrigeren
Lachgasemissionen. Wir wollen den Ökolandbau bis 2020 auf 20 Prozent der
Fläche sehen. Als ersten Schritt in diese Richtung wollen wir das
Bundesprogramm Ökolandbau wieder komplett dem Ökologischen Landbau widmen
und es auf 60 Millionen Euro auf gestockt wird.Lebensmittelverschwendung eindämmen
Allein in Deutschland landen im Jahr rund 18 Millionen Tonnen an Nahrung
im Müll, 10 Millionen Tonnen davon wären vermeidbar - und damit verbunden
auch eine Menge Einsparpotential an unnötigen THG-Emissionen, die bei der
Erzeugung der Lebensmittel entstehen. Die Wissenschaftlichen Beiräte für
Agrarpolitik, Ernährung und gesundheitlichen Verbraucherschutz sowie für
Waldpolitik beim BMEL gehen davon aus, dass durch eine Vermeidung aller
Lebensmittelverluste allein in Privathaushalten THG-Einsparungen in Höhe
von 12 Mio. Tonnen CO2-Äquivalente pro Jahr realisierbar wären. Ebenso wie
die EU-Kommission haben wir das Ziel, Lebensmittelabfälle in der EU bis
2020 zu halbieren. Und wir wollen dafür alle in die Pflicht nehmen: Mit
verbindlichen, branchenspezifischen Reduktionszielen auf sämtlichen Stufen
der Wertschöpfungskette.CO2-Senkenfunktion stärken
Auf europäischer Ebene setzen wir uns mit den anderen Grünen Ländern dafür
ein, dass der so genannte LULUCF-Sektor (Treibhausgase aus Landnutzung,
Landnutzungsänderungen und der Forstwirtschaft) langfristig eine stabile
negative Emissionsbilanz aufweisen und damit seine Senkenfunktion
wahrnehmen wird. Wir setzen uns dafür ein, dass die Belange der Ökologie
und des Klimaschutzes nicht gegeneinander ausspielt und insbesondere ein
Anrechnung von Emissionsminderungen, die nur auf dem Papier existieren,
sicher ausgeschlossen werden. Der LULUCF-Sektor muss sich selbstständig an
der Begrenzung der Erderhitzung auf deutlich unter 2 Gras beteiligen und
darf im EU Energie- und Klimarahmen nicht zur Schwächung der
Emissionsreduktionen anderer Sektoren missbraucht werdenDie Treibhausgasminderungen im LULUCF-Sektor sollten z.B. durch einen
stetigen europa-weiten Auf- und Ausbau der Holzreserven im Wald und in
langlebigen Holzprodukten, eine Wiedervernässung von Mooren und
Feuchtgebieten sowie eine nachhaltige und ökologischen Landbewirtschaftung
geschehen. Wir sind der Überzeugung, dass bestehende EU-Fördermechanismen
wie die GAP, Life+ oder ELER konsequent an den Erfordernissen des
Klimaschutzes ausgerichtet werden sollten und fordern die EU-Kommission
auf, eigene Förderinstrumente zu entwickeln, die gezielt und langfristig
die Senkenfunktion für CO2 des LULUCF-Sektors stärken.Die Landesregierung wird aufgefordert:
Sich bei der Bundesregierung und der EU dafür einzusetzen das unter
Koordinierung des Bundesministers für Ernährung und Landwirtschaft, dem
Bundesministerin für Umwelt umgehend ein Bündel von wirksamen und
treffsicheren kurz- und langfristigen Klimaschutzmaßnahmen verbindlich zu
verankern und sofort mit der Umsetzung zu beginnen ist.
Begründung
erfolgt mündlich
Änderungsanträge
- KLIMA-3-109 (KV Rhein-Pfalz-Kreis (dort beschlossen am: 05.05.2017), Eingereicht)
Kommentare
Rainer Schulze: